Das klassische projektbezogene Qualitätsmanagement (nachfolgend PQM) ist ein Teil des Projektmanagements. Es ist ein Steuerungs- sowie ein Führungsinstrument für die Auftraggeber und bezieht sich auf die Zusammenarbeit aller Projektbeteiligter. Es soll im besten Falle eine gemeinsame Sicht der Projektrisiken aufzeigen. Das PQM steht für eine kontinuierliche Verbesserung der Planungs- und Ausführungsqualitäten unter Berücksichtigung geltender Normen sowie der allgemeinen Wirtschaftlichkeit.
Stand gestern (ohne BIM)
Qualitätsschwerpunkte zu setzen fällt vielen Bauherren nicht einfach. Zu wenig wird das Projekt beleuchtet, um echte Risiken zu erkennen und diese Planungsgerecht zu benennen. Oft erscheinen die Qualitätsanforderungen den Planern und Unternehmern als grosse Last. Dies, da der Nutzen des PQM wegen bisweilen unklarer Träger und unflexibler Prozesse, wegen des Einbezugs zu vieler Ressourcen und wegen mangelnden Informationsmanagements nicht überall eingesetzt wird.
Oft resultieren daraus vermeidbare Doppelarbeiten und «Dokumentfriedhöfe» in Form von Lenkungsplänen und Risikolisten sowie etlichen weiteren PQM-Dokumenten, die nicht ausreichend bewirtschaftet werden. Die Folgen sind abwendbare Mängel in den Projekten. Sie stehen in offensichtlichem Widerspruch zu den Zielen der PQM-Arbeit.
Stand heute (mit BIM)
Diese gängige, oft unbefriedigende Praxis, lässt sich nun aber mithilfe neuer Arbeitsmethoden enorm vereinfachen. Die BIM-Methode bietet die Chance, die Komplexität der PQM-Arbeit in transparente Prozesse aufzubrechen. Optimierte Zusammenarbeitsprozesse, relevante Modellinformationen sowie messbare und prüfbare Ziele sind der Schlüssel dazu. Ein Mehrwert für die Qualitätsarbeit.
Durch den Einbezug von Qualitätsanforderungen in die BIM-Bausteine, lässt sich die Einhaltung der geforderten Qualitäten entlang der ganzheitlichen Wertschöpfungskette systematisch überprüfen.
Ein erster BIM-Baustein zielt auf die Kunden- und Projektziele ab. Diese können mit definierten (sinnvollen) Messgrössen sowohl kontrolliert als auch gesteuert werden. Qualitätsschwerpunkte lassen sich hier bereits bei der Bestellung eruieren und festlegen.
Die modellbasierte Zusammenarbeit bildet einen weiteren wichtigen Baustein. Die Reduktion von Iterationen durch themenfokussierte Kollaboration im Projektteam zielt stetig auf die Umsetzung der Qualitätsanforderungen ab. Ein gut durchdachtes Lean-Managementsystem ermöglicht es, im Bauprojekt unnötige Prozessschritte zu erkennen und zu vermeiden. Es kann komplexe Prozessketten optimieren und fokussiert gleichzeitig die Qualitätsanforderungen.
Das BIM-Modell bildet den Kern jeder projektbezogenen Qualitätssicherung, da alle Daten der Bauteile fachbereichsübergreifend hinterlegt und somit jederzeit aktuell abrufbar sind. Bauteilkollisionen sind einfach zu lokalisieren, zu dokumentieren und nachzuprüfen. Flächen sowie Funktionsanforderungen werden laufend mitgeführt.
Das angewandte BIM-Framework, welches aus dem Zusammenspiel der BIM-Bausteine besteht, lässt sich als generelles Steuerungsinstrument für das Qualitätsmanagement und die Qualitätssicherung einsetzen.
Die Definition von Qualitätsanforderungen, Messgrössen und der Systemumgebung sowie deren konsequente Anwendung verleihen einem Projekt die nötige Flexibilität, um damit Qualitäten laufend überprüfen und bei Missständen schnell und angemessen reagieren zu können.
Ausblick
Das klassische PQM wird in seinem herkömmlichen System in BIM Projekten schwer anwendbar sein. Die projektspezifischen Risikobetrachtungen werden fachthematisch in Silos aufgenommen. Die Folgen sind separate, individuelle Verantwortungsbereiche die zwar Qualitätsanforderungen einhalten, jedoch Abhängigkeiten im Projekt übersehen. Durch die Nutzung von Modelldaten, den kontinuierlichen Bestrebungen einer Optimierung für Planungs- und Bauprozesse im integrierten Projektteam, kann nun die Chance genutzt werden eine Prozess- und Kulturinnovation unter Nutzung der BIM Bausteine zu erzielen.
Der Schlüssel der zukünftigen PQM Arbeit ist die Fragmentierung der Anforderungsdefinition. Das wichtigste Fragment ist der entsprechend geforderte Projekt Use-Case. Dieser bündelt alle möglichen Szenarien, die eintreten können, wenn ein Projektstakeholder mithilfe der beschriebenen BIM-Bausteine das Qualitätsziel anvisiert.
QS Mandate werden zukünftig obsolet sein, da alle Projektstakeholder in definierten durchgängigen Workflows arbeiten. Anforderungsgerechte Datadrops werden platziert und automatisch auf Erfüllungsgrad geprüft werden können. Ein standardisiertes Qualitätsmanagementsystem wird ein Projekt künftig begleiten. Es muss nicht erst Projektbezogen etabliert werden.
Um Daten schnell, dynamisch und effizient verarbeiten und visuell aufbereiten zu können, braucht es entsprechende Werkzeuge, die alle qualitätsrelevanten Bereiche wie Controlling, Finanzen, Prozesse, Ressourcen, Modelleinbindung und Auswertung etc. einbeziehen. Business-Analytics-Tools werden hier helfen, die «Insights» der Daten zu generieren, welche als kontinuierliche Rückkopplungsdaten in das Qualitätsmanagementsystem eingespeist werden, sodass bestmöglichen Projektergebnisse erzielt werden können.
Aber
Durch den zunehmenden Einsatz von digitalen Werkzeugen in der Planung und der Ausführung werden zwar klassische PQM-Abwicklungsprinzipen hinterfragt, nicht aber die Risikoanalyse der Anforderungen bzw. die dafür definierten Massnahmen.