Auch die Bauindustrie wird sich in Zukunft stark verändern. Prozesse werden digitalisiert und teilweise automatisiert. Was bedeutet das im Detail? Ohne zu weit nach vorne zu schauen, möchten wir die Trends in naher Zukunft festhalten. Was beschäftigt die Baubranche im Jahre 2021?
Die Trends sind ohne bestimmte Reihenfolge dargestellt.
Druck für mehr Transparenz, kosten- und termingerechten Projektabschluss steigt
Neben der aktuellen COVID Situation und Fachkräftemangel gibt es wohl kein anderes Thema, dass der Bauindustrie mehr Sorge bereitet als steigende Baupreise. Bauen in der Schweiz wird immer teurer, doch die Produktivität bleibt schon seit Jahrzehnten gleich. Für das kommende Jahr bildet sich ein klarer Trend, der Druck für mehr Zeit- und Kosteneffizient wird weiter ansteigen. BIM kann vor allem mit einheitlichen Planungsprozessen und Qualitätsmanagement helfen, Verzögerungen und Fehlerkosten zu vermeiden.
Integrale Planung - mehr als ein Trend
Den Trend zur integralen Planung kann man bereits länger beobachten. Versprechen sind beispielsweise durchgängige Prozessketten – vom Entwurf bis zur Bewirtschaftung. Durch BIM ist es aber erstmals möglich, Projekte methodisch so zu strukturieren, dass jeder Beteiligter nachvollziehen kann, wo und wie sein Beitrag reinpasst. Resultate sind Projekte mit weniger Änderungskosten und einem höheren Fokus auf eine ganzheitliche Betrachtung des Lebenszyklus. Unter Umständen wird es künftig also andere Organisationsstrukturen geben.
Use-Case Management, Open BIM und Standards
Um BIM Methoden effektiven nutzen zu können, braucht es Standards und Normen. Mit dem Normenwerk ISO 19650 wurde ein international einheitliches Rahmenwerk für digitale Bestellprozesse formuliert. Jetzt muss man dieses nur noch mit konkreten Inhalten füllen. Vor allem im DACH Raum sehen wir aktuell viel Bewegung. Es wird geforscht, probiert und diskutiert. Ein zentrales Thema ist “OpenSource”. Die meisten Standards und BIM Profile sind für alle zugänglich und jeder kann und soll mitreden. Finden wir gut!
Cloud basiertes arbeiten, SaaS
Beschleunigt durch die aktuelle Covid-Situation, geht die Zeit von On-Premise Lösungen langsam zu Ende. Es ist ein klarer Trend zu beobachten. Die Digitale Planung findet mit Hilfe von Cloud basierten Plattformen und Apps immer mehr im Browser statt. Auch die IT-Infrastruktur bewegt sich immer mehr in Richtung Cloud. Interessant zu beobachten wie sich rechtliche Situationen ändern. Es wird sich zeigen, wie öffentliche Organisationen damit umgehen werden, wenn Ihre eigenen Daten nicht mehr auf den internen Servern abgespeichert werden können.
Simulation in frühen Projektphasen, Generatives Entwerfen
Das Versprechen von «Generativen Entwerfen» war es, dass Designvarianten mit Hilfe von Algorithmen optimieren werden können. Mietflächen maximieren, Energieverbrauch verbessern, Material sparen. Diverse Pilotprojekte haben gezeigt, was im Maschinenbau Alltag geworden ist, kann auch im Bauwesen funktionieren. Die Technologie war jedoch lange Zeit zu technisch und nur für Experten zugänglich. Jetzt sieht man einen klaren Trend. Es entstehen neue Werkzeuge, die diese Technologien für ein breites Publikum zugänglich machen.
Nachhaltiges Bauen, Dekarbonisierung
Wie kaum eine andere Entwicklung, wird der voranschreitende Klimawandel unser soziales Leben und unser wirtschaftliches Handeln in Zukunft verändern. Selbst optimistische Szenarien prognostizieren einen deutlichen Anstieg von Extremwetterereignissen und damit einhergehender Veränderungen. In diesem Kontext hat das europäische Parlament am 18. Juni 2020, die Verordnung über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen verabschiedet. Im Bau- und Immobiliensektor stehen vor allem Zielwerte für Neubau und Sanierung von Bestandsmasse im Fokus. So setzen sich viele Firmen und Konzerne neue Vorgaben.
Sanierungsstau, BIM und Bestand
Weit über die Hälfte der Immobilien in der Schweiz sind älter als 40 Jahre, rund 1.5 Millionen Häuser sind energetisch dringend sanierungsbedürftig. Die aktuelle Sanierungsquote ist mit ~1% jährlich jedoch zu tief. Zusammenhängend mit Vorgaben für Dekarbonisierung, sehen wir hier aber Anlass für einen klaren Trend für mehr Sanierungsaufträge. BIM als Planungsmethode bietet auch im Bestand viele Vorteile. Von Bestandsaufnahmen mit Hilfe von Punktwolken (Scan2BIM), Bauwerksdokumentationen, Simulationen, über Mängel und Qualitätsmanagement. BIM und Bestand macht Sinn und wir rechnen mit mehr BIM Sanierungsprojekte im kommenden Jahr.
Beyond BIM, Maschinelles Lernen, Agilität und Datenqualität
Big Data und maschinelles Lernen sind nach wie vor ein “hot topic”. Im Bauwesen sehen wir aktuell viele spannende Ansätze im Bereich der Projektorganisation und Bauablaufsimulation. Vor allem in Bereichen, wo es darum geht mit Änderungsmanagement und Komplexität umzugehen. Schneller entscheiden, flexibel bleiben. Agilität ist wohl das Stichwort des Jahres. Gute Entscheidungen brauchen jedoch gute Entscheidungsgrundlagen. Hier beobachten wir einen klaren Trend für mehr Transparenz im Projekt und die benötigte “Datenqualität” von Planungsunterlagen.
Wir sind auf jeden Fall gespannt, was das Jahr 2021 mit sich bringt, welche Trends sich bewahrheiten und durchsetzen. Und wer weiss, eventuell hält das Jahr die eine oder andere Überraschung bereit.